Der Herbst steht im Museum der schönen Künste Liberec ganz im Zeichen der Maler Rosa Loy und Neo Rauch
Das Museum der schönen Künste Liberec eröffnet am 10. Oktober mit einer Vernissage das größte Ausstellungsprojekt dieses Jahres. Der Einladung, ihre Werke im Kurort Liberec zu präsentieren, folgten zwei deutsche Künstler und Lebenspartner Rosa Loy und Neo Rauch, die zweifellos zu den bedeutendsten Vertretern der zeitgenössischen europäischen Malerei gehören. Die Schwimm- sowie die Beckenhalle und das Grafikkabinett wurden mit hundert Werken aus dem Privatarchiv der beiden Künstler gefüllt, die als führende Vertreter der sogenannten Neuen Leipziger Schule gelten. Die Ausstellung "Verwobene Sphären" stellt ihren gemeinsamen künstlerischen Dialog vor und ist bis zum 26. Januar des kommenden Jahres zu sehen. Mit dieser Ausstellung setzt das Museum der schönen Künste Liberec eine neue Strategie um, die wichtigsten tschechischen und mitteleuropäischen Künstler der Gegenwart regelmäßig in speziellen, eigens für die Museumsräume konzipierten Ausstellungsprojekten der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Die ausstellenden Künstler Rosa Loy und Neo Rauch sind Absolventen der renommierten Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, einer der ältesten Kunsthochschulen Mitteleuropas, die für ihre langfristige Ausrichtung nicht nur auf Buchkultur und Illustration bekannt ist. Sie genießt auch hohes Ansehen für ihren Unterricht in figuraler Malerei, der auf der meisterhaften Beherrschung traditioneller Mal- und Zeichentechniken basiert, darunter die fast pathetische Monumentalität und die Buntheit des Sujets. Diese Prämissen und Ausdrucksformen spiegeln sich auch in den Werken der beiden Künstler wider, die durch künstlerische Freiheit, grenzenlose Fantasie und ihre emotionale Verbundenheit mit der Heimatregion geprägt sind. „Ihre Bilder spiegeln vor allem subjektive, innere Emotionen sowie reale Ideen wider, die zu einzigartigen visuellen Aussagen verarbeitet werden. Auch wenn ihre Werke Elemente des Realismus enthalten, verwischt die unerschöpfliche Fantasie die Grenze zwischen Traum und unterschiedlichen Zeit-Raum-Ebenen vollständig, nicht zuletzt durch den gegenseitigen Respekt der beiden Partner und ihre kreative Selbstreflexion. Besonders stark ist der Einfluss des Surrealismus und der Ausdruckskraft, die sich in einem unverwechselbaren und einzigartigen künstlerischen Stil manifestieren, sei es durch einen Mehrwert an Bedeutungen oder durch narrative Kompositionen mit frei fließenden, märchenhaften oder mythologischen Elementen“, erläutern die Kuratoren der Ausstellung, Marcela und Filip Suchomel.
In ihrem zarten Malstil vereint Rosa Loy Elemente des Surrealismus – des magischen Realismus und weiblicher Imagination. Sie bezieht sich auf lokale Folklore und Volksliteratur sowie auf das kulturelle Gedächtnis der deutschen und sächsischen Geschichte. Zielstrebig und mutig bringt sie die Vielfalt und den Charme der Weiblichkeit in ihre figurative Malerei ein. Ihre poetischen Werke führen uns durch geheimnisvolle Szenen in den Farben der verwendeten Kaseinfarben und zeigen ikonische Darstellungen identisch gekleideter „Geschwister“, die im Einklang mit dem unterbewussten Überego eng miteinander verbunden sind. Vor allem Frauen finden sich auf Rosa Loys Leinwänden wieder, wo sie sich gegenseitig unterstützen und in ihrem unermüdlichen Bestreben, im Alltag Gutes zu tun, um eine ideale Gesellschaft zu erschaffen. Ein weiteres zentrales Thema in Loys Werken sind die allgegenwärtigen vegetativen Motive. Die Pflanzen erscheinen sowohl als eigenständige botanische Darstellungen als auch als symbolische, autobiografische Fragmente. Rosa Loy bevorzugt meist kleinere, intimere Bildformate, die ein starkes Gefühl von Nähe vermitteln, scheut sich aber nicht, ihre Visionen auch in größeren Kompositionen auszudrücken. Sie malt die überwiegende Mehrheit ihrer Werke mit, die sie selbst herstellt. In ihrer Arbeit spiegelt sich auch ihre Lebenspartnerschaft mit ihrem Ehemann Neo Rauch wider, mit dem sie seit 1985 verheiratet ist.
Auf Neo Rauchs typischen, großformatigen Leinwänden entfalten sich scheinbar unzusammenhängende Geschichten, die er in einer unverwechselbaren Sprache expressiver Imagination nacherzählt. Dabei greift er auf ein tiefes Wissen über die deutsche Geschichte und europäische Mythologie zurück. In diesen Gemälden schafft Rauch mehrere zeitliche und thematische Erzählebenen, die durch symbolische Kontrapunkte und unerwartete Begegnungen bereichert werden. Diese Ebenen werden durch eine hybride Verflechtung verschiedener Zeitlinien noch verstärkt. Seine Werke wirken wie ein komplexer Organismus mit fragilen, aber präzise definierten Verbindungen, modelliert durch eine perfekte Maltechnik und ein raffiniertes Gespür für die Farbe selbst sowie das subtile Spiel malerische Schattenspiel. All dies spielt sich oft vor der Kulisse der postindustriellen Landschaft des Harzes ab, in der Rauch aufgewachsen ist und die zu einer ständigen Inspirationsquelle für ihn geworden ist. Seine Maltechnik ist in der zeitgenössischen Kunstwelt absolut einzigartig.
Die lang erwartete Ausstellung Verwobene Sphären von Rosa Loy und Neo Rauch präsentiert nahezu hundert Werke beider Künstler, die bisher noch nie in Tschechien ausgestellt wurden. Die Bandbreite reicht von großformatigen Leinwänden bis hin zu intimeren privaten Gemälden und Zeichnungen, ergänzt durch mehrere räumlichen Installationen, die die Entwicklung ihres unverwechselbaren und einzigartigen gemeinsamen Schaffens seit Mitte der 1990er Jahrebis heute darstellen. „Ich begrüße die Präsentation der Kunst unserer sächsischen Nachbarn im Museum der Schönen Künste in Liberec, vor allem, wenn es sich um Spitzenvertreter der Kunst wie Neo Rauch und Rosa Loy handelt,“ sagt Květa Vinklátová, Stellvertreterin des Landeshauptmanns im Bezirk Liberec, zuständig für Kultur, Denkmalpflege und Tourismus.
In enger Zusammenarbeit mit den Künstlern haben die Kuratoren der Ausstellung Werke ausgewählt, die sich in den Privatsammlungen von Loy und Rauch befinden oder zu denen sie eine besonders persönliche Bindung haben. Gleichzeitig werden hier Arbeiten präsentiert, die die Künstler selbst als entscheidend für ihren künstlerischen Werdegang betrachten. Diese Werke dokumentieren bewusst ihre innere Entwicklung als Maler. Die Ausstellung ist jedoch nicht nur eine reine Retrospektive, sondern gibt auf einer besonderen Weise Einblick in die intime Welt beider Künstler, die sich in ihrem kreativen Schaffen stets gegenseitig inspiriert, beeinflusst und ergänzt haben.
Abschließend sei betont, dass sich beide Künstler bei der Wahl der Titel ihrer Werke besonders viel Mühe geben. Ihre umfassende Kenntnis der deutschen Sprache, einschließlich ihrer historischen Formen und Etymologie, spielt dabei eine wesentliche Rolle. Aus diesem Grund bestehen sie darauf, dass die Titel aller Gemälde bei der Präsentation auf Deutsch bleiben, da keine noch so gute Übersetzung oft in der Lage ist, die genaue Bedeutung der Worte oder die dahinter verborgene künstlerische Absicht vollständig zu erfassen.
Die Ausstellung beider Künstler wird für das tschechische Publikum ein außergewöhnliches Ereignis sein. Neo Rauch hat sich in Tschechien bisher nur einmal präsentiert, vor 17 Jahren in Galerie Rudolfinum in Prag. Für Rosa Loy hingegen wird die Ausstellung im Museum der schönen Künste Liberec ihre tschechische Premiere sein. Insgesamt ist es das elfte Mal, dass die beiden Künstler gemeinsam ausstellen. „Es wäre in unserem Sinne, wenn sich die Besucher zunächst in den Bann der suggestiven Wirkungsmacht der Bilder ziehen, und ihre gestalterische Komplexität auf sich wirken ließen. Wenn sie also deren gleichsam pflanzenhafte Existenz genießen könnten, ohne zunächst den Brennstrahl des Verstandes nach Bedeutung fahnden zu lassen. Für Rosa ist eine innere Berührung, ein Wiedererkennen auf irgend einer Ebene wünschenswert, um weiter der Schönheit in Bildern vertrauen zu können,“ sagt Neo Rauch über die Ausstellung Verwobene Sphären.
Neben der Eröffnungsfeier, die am Donnerstag, den 10. Oktober 2024 um 18 Uhr stattfinden wird, ist auch eine exklusive Führung durch die Ausstellung geplant. Unter der Leitung der Kuratoren Marcela und Filip Suchomel erhalten die Besucher tiefe Einblicke in das Werk der beiden Künstler. Die Führung findet am Donnerstag, den 12. Dezember 2024, ab 17 Uhr statt.
Der Eintritt zur Ausstellung kostet für Erwachsene 160 Kronen, während Schüler, Studenten und Senioren lediglich 100 Kronen zahlen. Zur Ausstellung wird ein zweisprachiger Katalog angeboten, der an der Museumskasse erhältlich ist. Die letzte Gelegenheit, die Werke von Rosa Loy und Neo Rauch zu sehen, bietet sich am 26. Januar 2025 an.